Waldhaus Sils – familiengeführt seit 1908
- Daniel Jauslin (dja)

- 27. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Über Sils residiert das traditionsträchtige 5-Sterne Grandhotel Waldhaus in einer Welt für sich. Es ist ein architektonisches Juwel, ein Haus voller Geschichte und Geschichten – und dennoch nennt es sich ganz bescheiden Waldhaus. Ein Understatement, das kaum treffender sein könnte. Denn was hoch über dem Engadiner Dorf Sils Maria auf einem bewaldeten Hügel thront, erinnert in seiner majestätischen Erscheinung eher an ein Märchenschloss als an ein gewöhnliches Hotel. Mit Wohnturm, Zinnen und einem weiten Blick über das Tal verströmt das Waldhaus Sils Grandezza – und das ganz ohne Allüren. Seit über einem Jahrhundert zieht es grosse Geister an: Schriftsteller, Künstler, Denker. Donna Leon, Gerhard Richter, David Bowie – sie alle fanden hier Inspiration und Ruhe. Bereits Albert Einstein oder Thomas Mann wussten um den Zauber dieses Ortes. Wer ins Waldhaus kam, war Teil einer feinsinnigen Welt, in der Kultur, Natur und Gastfreundschaft zu einem einzigartigen Erlebnis verschmelzen. Die Inhaberfamilie hat es über fünf Generationen hinweg verstanden, das Waldhaus behutsam weiterzuentwickeln – zu einem Resort im Geiste der Zeit. Doch der Charakter eines klassischen Grandhotels ist geblieben. Hier wird gepflegt, was andernorts zu verblassen droht: echter Service, gelebte Werte, eine persönliche Ansprache auf Augenhöhe. In einer Ära, in der viele Hotels eher von Investoren als von Gastgebern geprägt sind, steht das Waldhaus für Authentizität, Wärme und Kontinuität. Hier zählt nicht nur, was glänzt – sondern was bleibt.

Eingebettet in einen lichten Lärchenhain, umgeben von Gestein liegt das Hotel an einem Ort von geradezu poetischer Abgeschiedenheit. Die aussergewöhnliche Stille, welche Gäste hier umgibt, ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis wohlüberlegter Planung. Bereits im Jahr 1905 liess der visionäre Gründer Josef Giger an diesem erhabenen Platz ein hölzernes Gerüst errichten, um gemeinsam mit Fachleuten Sichtachsen zu bestimmen und die Windverhältnisse zu analysieren – lange bevor der erste Stein des Hotels gesetzt wurde. Das mehrfach ausgezeichnete Haus eröffnet uns Gästen ein Panorama von seltener Vollkommenheit: Im Osten erstreckt sich der Silvaplanersee, im Westen der majestätische Silsersee. Im Norden liegt die weite Silser Ebene, während im Süden der Blick in das verwunschene pittoreske Fextal führt. Ein Ort, an dem die Natur mit grösster Harmonie zur Bühne für einen Aufenthalt der besonderen Art wird.

Das Haus verbirgt 194 Zimmer und Suiten unterschiedlicher Gattungen. Wir beziehen ein Doppelzimmer der Kategorie Best. Zwei behagliche Betten ohne Topper, zwei Clubsessel samt Tisch, zwei Stühle, ein Sekretär sowie ein SMART-TV stehen uns zur Verfügung. Ein kleiner, schicker Balkon gehört ebenfalls dazu. Leider fehlen USB-Anschlüsse, ausreichend 230V Steckdosen sind vorhanden. Getränke der Minibar werden verrechnet. Mineralwasser mit und ohne Sprudel sind in jeder Menge kostenfrei. Modern eingerichtet und hell kommt das Zimmer daher, ohne das Flair des Grand Hotels zu verlieren. Grosse Schränke im Raum und eine Garderobe im Eingang sorgen dafür, dass wir unsere Kleider und Schuhe ideal verstauen können. Bravo. Ein zentraler Lichtschalter bei der Türe hilft uns und dem Hotel Strom zu sparen, wenn keiner benötigt wird. Das grosszügig bemessene Bad wartet mit einer Dusche, Badewanne und einem Doppelwaschbecken auf – und einer herrlichen Aussicht auf den Silsersee. Wow. Insgesamz in allem bietet das Zimmer alles, was wir als Gäste erwarten und benötigen.

Wir bemängeln, dass ein Lift für acht Personen zu wenig Kapazität aufweist, um über 300 Gäste zu transportieren. Uns wird versichert, dass sich dieser Umbau bereits in Planung befindet.

Durch einen lichten, wettergeschützten Übergang gelangen wir in den 1'500 m2 SPA Bereich des Hauses. Ein grosser Indoor Pool wie auch ein Whirlpool stehen für Gäste jeden Alters bereit. Wald und Wasser, eine Lichtung – das Waldhaus Spa vereint das Gefühl von Geborgenheit und Weite auf harmonische Weise. Auf drei Ebenen entfaltet sich eine wohltuende Welt aus Raum, Licht und Stille. Hohe Decken verleihen Leichtigkeit, gezielt platzierte Fenster eröffnen eindrucksvolle Ausblicke auf die umliegende Bergwelt – Inspiration und Entspannung in vollendeter Symbiose. Auf den unteren beiden Ebenen befinden sich in hohen Räumen zwei Saunen (60 und 90 Grad) zwei Dampfbäder (42 und 45 Grad), ein grosszügiges Lärchenbad mit Massage-Düsen, ein duftendes Arvenbad und Ruheräume. Der Saunabereich wurde grosszügig erweitert: Tauchbecken, Kneippbecken, Abkühlbereich, Schwallbrausen und Duschräume. Wir testen die beiden 34 Grad warmen Lärchen- und Arvenbäder. Wir empfinden es als wohltuend dort zu verweilen und das natürliche Licht von aussen hoch an der Decke gibt mehr Sicherheit und ein Gefühl für die Jahres- und Tageszeiten.

Der grosse Speisesaal mit Stuckaturen erinnert an vergangen Epochen. Als Halbpensionsgäste können wir aus drei Menus aussuchen und diese auch frei panaschieren. Wir kosten Salat, Frühlingsrollen, Kalbfleisch, Lamm und Süssspeisen. Der luftig aufgeschlagene Eiskaffee bezeichne ich als umwerfend. Meine Geschmacksknospen beginnen sofort mit einem Tanz. Das aufmerksame Personal, schenkt nach, räumt ab und serviert die Gänge in wunschgemässem Abstand.
Am nächsten Tag sind wir zu Gast in der Arven Stube und dinieren à-la-carte. Auch hier erachten wir das Personal als äusserst wachsam und zuvorkommend. Als Vorspeise bestellen wir einen Salat. Himmlisch. Viele Früchte zieren die Blätter. Etwas weniger Säure hätten diesen Salat mit dem Prädikat «nicht zu verbessern» ausgezeichnet. Das Ambiente, der Geruch des Arvenholzes und die perfekte Auswahl der Speisen passen ideal ins Grandhotel. Wir ordern Fondue Chinoise: Nebst Rind- und Kalbfleisch umfasst das Angebot grosse Garnelen und goldgelbes Hähnchenfleisch, das Beste, welches ich seit vielen Jahren gegessen haben. Viele Zutaten können wir je nach Geschmack bestellen. Diesen Abend werden wir lange in Erinnerung behalten.
Ein grosses italienisches Buffet wartet auf uns am kommenden Abend. Alles, was wir mit Italien in Verbindung bringen, wird vor den Köchen aufgereiht. King Fish, Thunfisch, Minestrone mit fein geschnittenen Oliven – leicht bitter im Abgang, nebst kalten Platten sind herrlich. Ossobucco, Saltimbocca und Stubenküken hingegen sind viel zu trocken. Das Buffet mit den Dolci, den Süssspeisen, passt hervorragend. Ebenso die riesige Käseauswahl. Wir entscheiden uns für eine Flasche Wilde Quitte vom Obsthof Retter. Diese alkoholfreie Begleitung passt zu allen Speisen ideal.

Das Frühstückbuffet im grossen Saal punktet. Das Herzstück und der Ort der Mitte. Wenn wir sie betreten, fühlen wir uns in eine andere Zeit zurückversetzt – weit vor unserer Geburt.
Wir erspähen zwei Guckfenster, durch welche vor rund 100 Jahren die Dame des Hauses kontrolliert, wer bereits im Saal angekommen ist und wer sich Zeit lässt, zum Essen zu erscheinen. Wir kommen in den Genuss eines ausladenden Frühstücksbuffets. Ein herzhaftes rundum Erlebnis. Viele Eierspeisen, eine grossartige Käseauswahl, passende Wurstwaren – auch edles Bündnerfleisch fehlt nicht. Die Getränke werden auf Wunsche an den Tisch serviert. Meine Ovomaltine kommt als grosse Portion. Super. Viele filetierte Früchte verhelfen uns zu ausreichend Vitaminen. Auch die Brot- und Brötchen Auswahl vermag uns zu überzeugen. So nehmen wir gerne die wohl wichtigste Mahlzeit des Tages zu uns.

Fazit: Der Aufenthalt im Waldhaus bezaubert unsere Sinne. Urlaub in einem Grandhotel, welches seine Ursprünge bewahrt, ohne auf Modernisierung zu verzichten, empfinden wir als bereichernde Sache. Wir erleben allen Komfort, gepaart mit Tradition. Unzählige Ausflugmöglichkeiten um und auf dem Silsersee, ins Fextal, ein Abstecher nach St. Moritz oder Soglio können Gäste jederzeit in Angriff nehmen. Von vielen kostenfreien Exkursionen mit den Bergbahnen im Engadin profitieren Gäste bereits ab zwei Nächten. Da das Hotel einen Übernachtungsdurchschnitt von 4.4 Nächten pro Gast vorweisen kann, stellt dies ein willkommenes Angebot dar. Unsere Empfehlung: Das Rundumpaket mit Halbpension.








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