Vor gut einem Jahr lancierte der US-amerikanische Hersteller ein Bike für Abenteuer auf und jenseits asphaltierter Strassen. Genau das habe ich während knapp 500 Kilometern im wunderschönen Schwarzwald ausprobiert.

Aus meiner Sicht ist die Pan America optisch keine Meisterleistung. Also müssen die Fahreigenschaften überzeugen. Das Aufsteigen mit Seitenkoffern ist für mich (182cm) eine Tortour. Sobald ich sitze fühle ich mich wohl. Die Einstellung der unendlich vielen Parameter dauert seine Zeit. Ich verbinde mein iPhone mit dem Bike und ab geht’s. 258 kg ist das Leergewicht inklusive aller Flüssigkeiten. Das ist ordentlich und bei Manövern unweigerlich spürbar. Der Motor hat einen schrecklichen Sound, welchem jedoch Abhilfe geleistet werden kann. In jedem Gang zerren die 1250 ccm an der Antriebskette und beschleunigen die Special rasant und sicher bis hoch hinauf…

Meine Pan-America ist mit zahlreichen innovativen Technologien ausgestattet, welche für ein intensiveres Fahrerlebnis und mehr Sicherheit sorgen. Dazu gehören diverse anwählbare Fahrmodi und das elektronische Assistenzsystempaket Cornering Rider Safety Enhancements. Letzteres passt die Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte an die verfügbare Reifenhaftung an. Ein elektronisch einstellbares, semiaktives Fahrwerk ist ebenfalls an Bord. Erstmalig kommt bei dieser Maschine die Adaptive Ride Height (ARH) zum Einsatz. Dieses revolutionäre System senkt das Fahrwerk im Stand automatisch um bis zu fünf Zentimeter ab und hebt es bei Aufnahme der Fahrt wieder an. Ebenfalls hat die Amerikanerin ein Reifendruck-Kontrollsystem, ein einstellbares Bremspedal, diverse Schutzbügel und ein aktives Lichtsystem: Diese hochmoderne Technologie des adaptiven Daymaker-Scheinwerfers sattelt auf der Trägheitssensorik des Kurven-ABS auf, um den Schräglagenwinkel zu bestimmen und automatisch den Bereich vor dem Fahrzeug bis in Ecken und Bereiche hinein auszuleuchten. Ein Lenkungsdämpfer und beheizbare Griffe sind weitere gut nutzbare Features.

Der Vorwärtsdrang der Pan America ist wirklich aussergewöhnlich. 128 Nm können optimal genutzt werden. Gangwechsel gehen leicht und ich weiss jederzeit, in welchem Gang ich mich befinde. Lange Kurven sind perfekt. Enge Spitzkehren sind nicht deren Spezialität. Dafür ist der Radstand zu lang, das Gewicht zu hoch und mit meinem Fahrergewicht der Schwerpunkt zu weit oben. Enttäuscht bin von der Elektronik. Ich habe die HD-App auf mein Device geladen, meine Route mittels GPX-Datei importiert und los ging die Fahrt. Die Anzeige spielt verrückt. Ich fahre mitten auf dem Rhein. Dann in eine undefinierbare Richtung. Zum Glück übernimmt einer meiner «Töfflibuebe» die Führung und ich fahre hinterher. Auf einmal ist das Navi eingefroren, dann kommt die Mitteilung: keine Karten verfügbar. Ein NoGo. Auf Etappenziele freue ich mich nicht wirklich, denn dann muss ich absteigen, meine Beine auf den Boden bekommen und die Lady aufbocken. Dasselbe in umgekehrter Reihenfolge beim Losfahren. Wenn es eng ist, bitte ich um Hilfe, da ich es nicht allein schaffe, auf kleinstem Raum die Pan America sicher zu wenden. Sobald ich im Sattel sitze, ändert sich alles. Das Bike ist bestens zu bewegen und macht ob der Leistung und der einstellbaren Federung richtig Spass. Tag 2 beginnt mit einem Elektronikproblem. Zwar kann ich das Bike starten – aber ein Notprogramm ist aktiviert und somit kann ich der Gruppe nicht hinterherfahren. Nach Rücksprache mit dem Händler – das Problem ist bekannt – warte ich fünf Minuten und anschliessend kann ich mich meinen Freunden wieder anschliessen. Knapp 10 Kilometer bin ich auf einem unbefestigten, ausgewaschenen Weg im Glottertal gefahren. Hier bewähren sich die runden, griffigen Enduro Reifen bestens. Fazit: Nach knapp 500 Test-Kilometern bin ich gespaltener Meinung. Zum einen mag mich die Harley-Davidson Pan America Special begeistern und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, zum anderen bin ich ob er Unzuverlässigkeit und der mangelhaften Wendigkeit enttäuscht. Ein Bike, zwei Herzen.

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