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AutorenbildDaniel Jauslin (dja)

Ein SUV auf zwei Rädern – Honda X-ADV

Bei Motorrädern führen nur selten innovative Konzepte direkt zur Entstehung einer neuen Gattung. Honda aber ist auf Innovationen getrimmt: Im Jahr 2016 wurde ein bahnbrechendes Konzept präsentiert, das aus einer ganz anderen Richtung kommt – die X-ADV – ein Crossover-Bike oder doch ein Scooter?

Das braucht Mut. Honda denkt quer und ich versuche die Idee, wie dieses Motorrad entstand, zu verstehen und in der Praxis zu erforschen, wie es sich im Alltag bewährt.

Die Basis bilden die Eigenschaften eines gewöhnlichen Adventure-Bikes: Robustheit, die aufrechte Sitzposition mit der hervorragenden Rundumsicht und die bemerkenswerten Allround-Fähigkeiten. Dazu addiert die Bedürfnisse eines typischen Pendlers: Vermutlich benutzt er einen Roller, vielleicht auch ein Motorrad, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen; auf jeden Fall ein Fortbewegungsmittel, welches leicht zu handhaben und wendig ist, über viel Stauraum verfügt und dabei dennoch bequem und effizient sein soll. Der Look, die Motorleistung und das Fahrwerk, entsprechen meinen Erwartungen voll und ganz.

Motor

EURO5-konforme 59 Pferdestärken und ein Drehmoment von 69 Nm sind respektable Zahlen – auf jeden Fall für einen Scooter. Unser Testverbrach liegt bei knapp 5 Litern auf 100 km. Dank «Throttle By Wire» kann ich auf vier Fahrmodi zugreifen, welche die Motorcharakteristik beeinflussen. Zur Auswahl stehen mir RAIN, STANDARD, GRAVEL und SPORT. Dazu kommt ein individuell konfigurierbarer USER-Modus. Ich fahre 99% im Sport Modus – alle anderen sind mir viel zu lahm. Zudem verfügt die X-ADV über eine dreistufige «Honda Selectable Torque Control». Das Doppelkupplungsgetriebe (DCT) mit automatischen Schaltmustern ist mit den Fahrmodi verknüpft. Die Konstruktion des flüssigkeitsgekühlten SOHC-8-Ventil-Parallel-Twin Motors mit 745 ccm gewährleistet ausreichend Leistung im unteren bis mittleren Drehzahlbereich. Seine relativ langhubige Architektur erzeugt bereits bei sehr niedrigen Drehzahlen ein ordentliches Drehmoment. Die Vorwärtsneigung des Motors verlagert den Schwerpunkt für optimale Stabilität nach unten. Bohrung und Hub betragen 77 x 80 mm. Viele Komponenten sind so konzipiert, dass sie mehrere Aufgaben gleichzeitig übernehmen: So treibt die Nockenwelle die Wasserpumpe an, während eine der Ausgleichswellen die Ölpumpe antreibt. Die Minimierung der beweglichen Motorteile macht den Motor leicht, effizient und zuverlässig. Mega.

Chassis

Der Stahlrahmen trägt die Verkleidung samt Sitzbank, und garantiert eine erstaunliche Bodenerreichbarkeit. Der Stauraum unter dem Sitz misst 22 Liter Volumen und birgt eine integrierte USB-Ladebuchse. Die Feststellbremse liegt auf der rechten Seite des Lenkers und schafft Platz für ein nützliches, sehr kleines Handschuhfach. Der Tank fasst 13,2 Liter, was bedeutet, dass ich mich bei Touren nicht von Zapfsäule zu Zapfsäule quälen muss. Ein serienmässig montierter Mittelständer mit Neigungssensor ermöglicht mir das Abstellen des Testbikes am Hang ohne Kippgefahr. Die Federung mit langem Federweg, 153,5 mm vorne und 150 mm hinten, ist auf eine Bodenfreiheit von 165 mm abgestimmt.

Getriebe

Das 6-Gang DCT-System bietet zwei unterschiedliche Fahrkonzepte. Zum einen die Automatik-Einstellung mit vorprogrammierten Schaltmustern, die ständig die Fahrzeuggeschwindigkeit, den gewählten Gang und die Motordrehzahl überwachen, um den optimalen Schaltvorgang zu gewähren. Zum anderen die manuelle Getriebeeinstellung für den Gangwechsel über die Schaltwippen an der linken Seite des Lenkers. Dank der hervorragenden Ergonomie, mit einer Sitzhöhe von 820 mm und einem 910 mm breiten Lenker, habe ich jederzeit einen guten Überblick über das Verkehrsgeschehen. Robuste Handguards aus Kunststoff halten Wind und Regen mehrheitlich ab und bewahren Hände und Hebel im Gelände sicher vor Steinschlag. Eine 2,5 mm dicke Aluminium-Schutzplatte schützt die Unterseite für den Fall, dass ich die gut befestigte Strasse verlasse.

Features

Ein 5-Zoll-TFT-Display verfügt über Hondas Smartphone-Sprachsteuerungssystem, welches es mir leider nicht ermöglicht mein iOS Smartphone unterwegs zu nutzen. Ich könnte – wenn es denn unbedingt sein muss – Telefonate führen und E-Mails checken oder auch meine Musik und die Navigation steuern, sofern ich Android Nutzer wäre. Angezeigt werden die Informationen über das Display. Für die Nutzung wird ein Headset benötigt; das Smartphone muss zudem über Bluetooth mit dem Fahrzeug verbunden werden. Die Steuerung des Systems ist auch über die Tasten der linken Schaltereinheit umständlich möglich. Zusätzlichen Komfort bietet die X-ADV mit dem Smart Key. Der Schlüssel ist in meiner Tasche aufbewahrt, was bedeutet, dass kein weiterer Schlüssel für Zündung, Tankdeckel und Sitz nötig ist. Sobald sich der Smart Key in Reichweite der Honda befindet, kann der Hauptschalter bedient werden. Damit habe ich die Kontrolle über das Zündungs- und Lenkschloss sowie über Tankdeckel und Sitz (jeweils über zwei Schalter). Der Smart Key ver- und entriegelt auch das optionale Smart Top Case. Zusätzlich werden über eine "Answer-Back"-Funktion die Blinker betätigt, was auch aus grösserer Entfernung leicht zu erkennen ist. Ein Mechanismus im Hauptschalter verhindert die gewaltsame Entriegelung des Lenkers.

Fahren

Der Spassfaktor ist auf jeden Fall gegeben. Umständlich und auf keinen Fall autodidaktisch sind die Einstellungsmöglichkeiten für Drive Modes und Torque Control. Alle Einstellungen sind kompliziert und sollten auf keinen Fall während der Fahrt verstellt werden – die Ablenkung wäre viel zu gross. Der Sattel ist etwas zu hart. Aber wie gesagt, dieses Bike hat Potential. Auch wenn ich bemängeln muss, dass ich von anderen Bikern kaum gegrüsst werde, diese aber vor mit Neid erblassen, wenn sie von mir, einem Rollerfahrer, überholt werden.

Fazit

Die vielen Kilometer haben mir sichtlich Freude bereitet. Die X-ADV hat aus dem Vollen geschöpft und mir eine Symbiose von Rollerfahren und Enduro-Feeling beschert. Damit mehr Biker dieses futuristische Gefährt kaufen würden, müsste aus meiner Sicht der Preis einiges unter 10'000 Franken liegen. So oder so empfehle ich, eine Probefahrt zu buchen und dir eine eigene Meinung zu bilden. Meine steht fest: Ein mega cooles SUV.


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