Wohl kaum ein anderes Land Europas hat eine so spannende und abwechslungsreiche Küste vorzuweisen wie Norwegen. Dabei sind auf sage und schreibe 2650 km Länge nahezu alle Landschaftsarten vertreten, die man sich am Meer vorstellen kann: Klippen, Schären, Sandstrände, Dünen, Gezeitenstrände und Ebenen. Die Natur wechselt ihr Aussehen teilweise innerhalb weniger Kilometer. Ihr Charakter reicht dabei von idyllisch bis schroff. Manchmal fühlt man sich wie in Dänemark, dann eher wieder wie in Schottland, Island oder gar auf den Kanaren. Zuweilen wähnt man sich aber auch in die Unterwelt versetzt, wenn Nebelschwaden raue Berge und Felsen umwallen. Entlang der Küste gibt es jedoch nicht nur tolle Landschaft, sondern gleichwohl auch idyllische Orte. Überall trifft man auf kleine, meist rote Holzhäuser, die sich beharrlich gegen den Wind stemmen. Die Reise beginnt in Bergen und führt dann in den Norden bis zu den letzten Aussenposten der Zivilisation. Anschliessend wieder Richtung Süden bis nach Trondheim – auf dem Hurtigrutenschiff Trollfjord.
An- und Abreise
Die Recherche für ideale Gabelflüge nach Norwegen hat uns zu Royal Dutch Airlines geführt. Aus dem ganzen deutschsprechenden Europa sind die Flugverbindungen nach Amsterdam, dem Hub von KLM, ausgesprochen gut abgedeckt. Sechs Destinationen in Norwegen werden angeflogen: Oslo, Ålesund, Kristiansand, Stavanger und natürlich Bergen und Trondheim. Die teils sehr moderne Flotte besteht aus Embraer 190, welche 100 Passagieren ausreichend Platz bieten. Wir haben erlebt, dass Handgepäck, welches man aufgeben möchte, sehr gerne kostenlos eingecheckt werden kann. Das sind nebst den 23 Kilogramm Freigepäck nochmals 12kg Handgepäck, und zusätzlich kann man eine Handtasche oder einen Rucksack mit an Bord nehmen. Cool.
Bergen
Den Transfer vom Flughafen zum Hotel, respektive der Stadt empfehlen wir mit den Flybussen zum machen. Diese stehen unmittelbar vor dem Flughafen und fahren regelmässig – in unserem Fall hat der Chauffeur auf den späten Flug sogar einige Minuten gewartet. Wow. Die Fahrt dauert knapp eine halbe Stunde bis ins Zentrum der zweitgrössten Stadt Norwegens. Die einstige Hansestadt gehört zu den schönsten Städten Norwegens und ist eine architektonische und kulturelle Perle. Dazu ist Bergen ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für den internationalen Schiffsverkehr – sowie für die traditionsreiche Hurtigruten, deren 11 Schiffe seit über 100 Jahren täglich zwischen Bergen im Süden und Kirkenes im Nordosten der Küste entlang hin und her „pendeln“. Besonders schön und einzigartig ist das alte Stadtviertel Bryggen, es wurde 1979 in die UNESCO-Liste erhaltenswerter Denkmäler aufgenommen. Im Zentrum von Bergen befinden sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten – alle zu Fuss erreichbar. Das „alte“ Bergen war überwiegend aus Holz gebaut. Brände haben der Stadt immer wieder schwer zugesetzt, der letzte grosse Brand ereignete sich im Jahre 1916. Nach dem zweiten Weltkrieg begann man damit, neue Häuser ausschliesslich aus Stein zu bauen. Die ältesten, noch existierenden oder wiederhergestellten Holzhäuser sind die spitzgiebeligen Handelshäuser im Stadtteil Bryggen. Die vielen erhaltenen, pittoresken Holzhäuser verbreiten eine ganz spezielle Stimmung – als ob gleich einer der sagenumworbenen Trolle eine steile Leiter hinunter steigen würde und sodann gleich wieder verschwindet... Das Hanseatische Museum im Finnegården ist ein weitgehend original erhaltener Hansehof und zeigt, wie die Kaufleute, Gesellen und Lehrjungen lebten und arbeiteten. Wir empfehlen einen Stopp im Museum. Es bietet einen bleibenden Eindruck, wie die Deutschen Hanseaten den Handel mit Norwegen geführt haben. Der Torget, Bergens farbenfroher Markt, ist vor allem am Vormittag immer einen Besuch wert. Hier werden Meerestiere, Blumen und Gemüse in grosser Vielfalt zum Kauf angeboten und bei bester Aussicht auf den Hafen an gemütlichen Tischgruppen auf Wunsch frisch zubereitet und serviert. Einen ebenso prächtigen Blick über die Stadt und die zerklüftete Fjordlandschaft erhält man vom 320m hohen Fløyen aus. Die Standseilbahn - ein Schweizer Fabrikat – führt Sie in wenigen Minuten hinauf auf den Stadtberg. Interessant sind auch die alte Festung Bergenhus, die Håkonshalle, sowie der mittelalterliche Rosenkrantzturm. Die Festung ist bemerkenswert und auch dort überkommt einem eine altertümliche, fast geheimnisvolle Stimmung.
MS Trollfjord der Hurtigruten
Das 136 Meter lange Schiff wurde 2002 vom Stapel gelassen und birgt 644 Betten. Mit über 20 Metern Breite hat das Postschiff eine Grösse erreicht, welche gerade noch in den kleinen Häfen Platz findet – grösser geht nicht mehr. Sie bietet eine komfortable Ausstattung und ein Interieur, für das vorwiegend norwegische Hölzer und Steine verwendet wurden. Der grosszügige Panorama-Salon und einige wenige attraktive Suiten machen das Schiff innerhalb der Flotte zusammen mit dem Schwesterschiff Midnatsol einzigartig. Ein ganz besonderes Detail an Bord sind die Originalgemälde des Künstlers Kaare Espolin Johnson von den Lofoten, dessen Galerie wir bei einem Landausflug besucht haben. Die Trollfjord bietet Sauna, Bibliothek, Spielzimmer, Konferenzräume und ein Amphitheater für gelegentliche Vorträge. Top sind die beiden Whirlpools auf Deck 9. Dort kann man im heissen Sprudelbad die abwechslungsreiche Landschaft an sich vorbeiziehen lassen und ins Reich der Trolle eintauchen. Wunderbar. Übrigens kann das Schiff auch bis zu 35 Autos transportieren, was viele Einheimische rege nutzen, denn auf unserer Reise haben wir in 57 Häfen anleget – wenn zum Teil auch nur für 15 Minuten um Post aus- und einzuladen. Das Schiff verfügt über unterschiedliche Kabinen, welche auf der Homepage leider sehr schlecht dokumentiert sind. Die Arktis Aussenkabinen auf Deck 8 sind sehr zu empfehlen. Das bedeutet, dass man den Tag in einer der vielen Salons verbringt, angesichts der Tatsache, dass auch die Superior Kabine sehr klein ist. Wir sind dem Vorschlag beim Einchecken in Bergen gefolgt und haben ein Angebot für eine Minisuite angenommen. Der Aufpreis war kleiner als bei einer Direktbuchung über Glur Reisen – aber natürlich ist so keine der Suiten bei Reisebeginn garantiert. Also wer das Risiko eingehen will, fragt erst beim Check In nach einer freien Suite. Wer den zusätzlichen Platz einer Suite vor Reiseantritt sicherstellen will, der buche vorab. Die Trollfjord hat Stabilisatoren, welche bei hohem Seegang oder Sturm – wir hatten beides – das 16 Bruttoregistertonnen Schiff etwas ruhiger halten sollen. Wir waren sehr dankbar angesichts der Tatsache, dass wir bis zu 10 Beaufort (100km/h) Wind hatten, was sehr hohe See bedeutete. Der Besuch auf der Brücke bei Kapitän Brynjard hat uns bestätigt, dass die Schiffsschrauben der Trollfjord im Januar 2017 ersetzt wurden. Diese drehen um 360 Grad, wodurch ein herkömmliches Steuerruder überfällig wird. Zusätzlich ziehen die Schrauben das Schiff, sind also so positioniert wie bei einem Flugzeug. Ebenfalls lassen sich die Blätter verstellen, damit bei Manövern möglichst wenig Vibrationen zu spüren sind. Diese Vibrationen haben uns beim An- und Ablegen sehr gestört. Uns wurde versichert, dass dies an die Rederei weitergeleitet – und hoffentlich bald behoben werden wird.
Teil 2 folgt kommende Woche...